Walkabout

Walkabout ist der Titel eines Gemeinschaftsprojekts von drei Künstlern, das als intermediales Ereignis am 18. November 2011 im Kunsttempel Buchholz in der Nordheide uraufgeführt wurde. Unter Mitwirkung der Butoh-Tänzerin Caroline Heinecke, dem Klangkünstler Jürgen Schmid-Mittag und mit mir als bildenden Künstler, zeigten wir an insgesamt sechs Spieltagen je eine abendfüllende Performance. Mit dem Begriff „Walkabout“ assoziiert man im allgemeinen einen Initiationsritus der Aborigines. Bei diesem Ritus geht es darum den Weg auf seiner „Songline“ erstmals zu beschreiten. Diese „Songline“ bildet so etwas wie die Schnittstelle zwischen äußerer Realität und innerer Erfahrung. Den Ureinwohnern Australiens dienen die Songlines als mythische und imaginäre Wegweisung, die sie per Gesang von Generation zu Generation weitertragen. Ein Gesang, in dem sie ihre Identität und das Erbe ihrer Ahnen bewahren.
Zur Performance:
Ganz nüchtern betrachtet geht es um eine Tänzerin, die sich auf einem Klangboden bewegt, der wiederum auf die Bewegungen der Tänzerin mit Klängen reagiert. Einen Klangkünstler - oder sollte ich besser sagen „Akustikmanager“ - der diese Bewegungsklänge steuert und in einen musikalischen Rahmen einspannt und es geht natürlich auch um mich als bildenden Künstler, der mithilfe von Computern und Videobeamern seine Zeichen und VideoSpots sowohl auf den Klangboden als auch auf eine Hintergrundleinwand projiziert.
Etwas weniger nüchtern ausgedrückt, gliedert diese Performance sich in drei Sequenzen, die an drei verschieden Orten im Raum des Zuschauers stattfindet.
Bühne – Lebenszyklen
Diese Darbietung ereignet sich auf der Bühne im Frontbereich des Zuschauerraums. Inhaltlich beschäftigt sich diese Sequenz mit den Zyklen von Geburt, Wachstum und Vergehen. Die Tänzerin bewegt sich in Interaktion mit dem Klangkünstler zu projezierten Filmsequenzen. Die Stimmungen der Sounds und die Bewegungsqualitäten des Tanzes, sowie der Ausdruck der durch die Interaktion entsteht, treten spontan hervor.
Gesichtstanz – Häutungen, emotionale Räume
In diesem Part befindet sich die Tänzerin am Ende des Raumes, weit hinter den Rücken der Zuschauer. Dabei filmt sie ihr Gesicht mit einer Videokamera und projiziert das Livebild über einen Beamer in riesiger Vergrößerung auf eine Leinwand in den Frontbereich der Bühne. Über ein Videomischpult konnte ich vom Computer aus frei verschiebbare und skalierbare Formen in die Projektion mit einblenden. Der Klangkünstler nimmt mit seinen Rhythmen, Klängen und menschlichen Geräuschen wie Schmatzen, Stöhnen, Lachen oder Sprechgemurmel, in zusätzlich gestalterischer Ebene, als dritte Kraft an diesem Austausch teil. Die manchmal ans archaisch anmutenden Maskierungen, erkunden im Laufe der Performance die vielfältigsten Empfindungen des Menschen. Das Gesicht der Tänzerin wird dabei zu einer Membran, zu einer „Gefühlshaut“ auf der sich der Ausdruck abbildet, den die Akteure durch ihr gemeinsames Einwirken hervorrufen.
Klangboden – Erkundung, Bezüge, Transformation
In dieser letzten Szene wechseln die Akteure in die Mitte des Raums und befinden sich mit dem Klangboden in unmittelbarer Nähe zum Zuschauer. Der Klangboden verwandelt die Bewegungsimpulse der Tänzerin mittels Sensoren in Töne oder Geräusche. Der Klangkünstler verstärkt die erzeugten Klänge über eine Steuerung entweder als natürliche Geräusche, oder übersetzt sie in kreierte Sounds. Dabei erzeugt er Klangvariationen, die in ihren Stimmungen dem Tanz entsprechen oder einen Kontrapunkt setzen.
In erster Ebene führen der Klangkünstler und die Tänzerin allmählich in die Welt des Klangbodens ein. Bewegungen lösen Geräusche aus und werden akustisch verstärkt. In zweiter Ebene wird das Spiel der Bewegung durch die Projektion einer Bodenzeichnung strukturiert. Diese Bodenzeichnung ist eine Art Leitsystem für den tänzerischen Ausdruck wobei die Tänzerin diese Zeichnung auch gleichzeitig mit ihren Bewegungen interpretiert. Vermittels einer weiteren Videokamera, die über der Tänzerin installiert ist und einem weiteren Videobeamer, der diese Sicht auf eine Leinwand hinter dem Klangboden projiziert, tritt die Tänzerin außerdem in einen Dialog mit sich selbst. Als reale Person bewegt sie sich durch ihr eigenes Abbild und den Schattenwurf, den sie in der Projektion hervorruft.